Die französische Philosophin Sarah Kofman stellt diese außergewöhnliche emotionale Reaktion des Menschen gegenüber Kunst nicht in den Zusammenhang mit der Wahl eines Motivs, sondern ganz im Gegenteil, in den des Verlusts der Bedeutung eines abgebildeten Objektes[1].
Da Kunst den ‚Geist’ (im Hegelschen Sinne) seltsam verstöre, werde ein philosophischer Diskurs auf der Suche nach Vernunft und Wahrheit (der dargestellten Objekte) geführt[2]. Dieser philosophische Diskurs, welcher über die Kunst reflektiere, führe dazu, „sie uns vergessen zu lassen“[3], wobei allerdings der Bezug zur ‚Wirklichkeit’ nicht gänzlich aufgehoben werden könne. Es bleibe immer ein „Rest“[4]. Dieser Rest sei präsent in seiner Abwesenheit und führe somit zu dem verstörenden Verlust des Objektes als Referenz zur ‚Wirklichkeit’. Wobei ‚Wirklichkeit’ in diesem Kontext mitunter simultan zu ‚Lebendigem’ verstanden werden kann.
„Der fehlenden Bedeutung des […] Objekts entspricht eine A/pathie des Betrachters oder zumindest eine Verwandlung seiner Affekte mit kathartischem Wert: Vergnügen gewinnt er aus dem, was im gewöhnlichen Leben Abscheu und Schrecken hervorrufen würde, das nicht zu tolerierende erträgt er; oder er bleibt gleichgültig vor dem, was Zustimmung hervorrufen sollte; er interessiert sich nicht für die Existenz des […] Objektes, das sich, losgelöst in einer splendied isolation, durch die Magie der Kunst in nature morte, ein Stilleben, verwandelt sieht, gleichgültig was auch Thema [sprich, die Referenz des Objektes] sei:“[5]
Der immer übrig bleibende „Rest“[6] allerdings sei vergleichbar mit einem Wesen der Zwischenwelt. Nach Kofman verhält es sich mit der Kunst zur ‚Wirklichkeit’, wie mit dem Vampir und seinem Opfer. Das Opfer wird der ‚Wirklichkeit’, dem Leben entzogen, doch wird es nicht getötet, darf es nicht von dieser Welt gehen, muss es weiterexistieren in einer Zwischenwelt zwischen Sonnenunter- und Aufgang. Präsent in seiner Abwesenheit.
Eine weitere interessante (wenn auch zufällige) Parallele lässt sich zwischen Kofmans Vampir-Theorie und Billinghams Fotografien ziehen. Denn “vampirism can be followed […] as the other history or the history of the other – as a psychohistory of projection“[7], nämlich die Projektion des Anderen. Historikern zufolge stammten zu jeder Zeit diejenigen Menschen, welche man vornehmlich als zukünftigen Vampir-Kandidaten vermutete, aus dem immergleichen Personenkreis: Dem der gesellschaftlich Ausgeschlossenen. Menschen die zu Lebzeiten anders, unbeliebt oder große Sünder waren seien geeignet um von den Toten zurückzukehren. Insbesondere die Gruppe der Alkoholiker sei hierbei erwähnt.[8] Aus einem Text des ‚wissenschaftlichen Vampirexperten’ Laurence A. Rickels stammt folgender Auszug:
The alcoholic’s literalized intake of inspiration (or spirits) covers identification with some absent (and thus haunting) other. […] the alcoholic has pickled some loss […] that cannot be acknowledged as lost.[9]
Was, wenn nicht dieser nicht genau zu identifizierende Verlust eines Alkoholikers ist Kofmans in seiner Abwesenheit anwesender Rest? Und was, wenn nicht gesellschaftliche Außenseiter sind Billinghams Eltern? Was wenn nicht ein Alkoholiker ist Ray?
Da Kunst den ‚Geist’ (im Hegelschen Sinne) seltsam verstöre, werde ein philosophischer Diskurs auf der Suche nach Vernunft und Wahrheit (der dargestellten Objekte) geführt[2]. Dieser philosophische Diskurs, welcher über die Kunst reflektiere, führe dazu, „sie uns vergessen zu lassen“[3], wobei allerdings der Bezug zur ‚Wirklichkeit’ nicht gänzlich aufgehoben werden könne. Es bleibe immer ein „Rest“[4]. Dieser Rest sei präsent in seiner Abwesenheit und führe somit zu dem verstörenden Verlust des Objektes als Referenz zur ‚Wirklichkeit’. Wobei ‚Wirklichkeit’ in diesem Kontext mitunter simultan zu ‚Lebendigem’ verstanden werden kann.
„Der fehlenden Bedeutung des […] Objekts entspricht eine A/pathie des Betrachters oder zumindest eine Verwandlung seiner Affekte mit kathartischem Wert: Vergnügen gewinnt er aus dem, was im gewöhnlichen Leben Abscheu und Schrecken hervorrufen würde, das nicht zu tolerierende erträgt er; oder er bleibt gleichgültig vor dem, was Zustimmung hervorrufen sollte; er interessiert sich nicht für die Existenz des […] Objektes, das sich, losgelöst in einer splendied isolation, durch die Magie der Kunst in nature morte, ein Stilleben, verwandelt sieht, gleichgültig was auch Thema [sprich, die Referenz des Objektes] sei:“[5]
Der immer übrig bleibende „Rest“[6] allerdings sei vergleichbar mit einem Wesen der Zwischenwelt. Nach Kofman verhält es sich mit der Kunst zur ‚Wirklichkeit’, wie mit dem Vampir und seinem Opfer. Das Opfer wird der ‚Wirklichkeit’, dem Leben entzogen, doch wird es nicht getötet, darf es nicht von dieser Welt gehen, muss es weiterexistieren in einer Zwischenwelt zwischen Sonnenunter- und Aufgang. Präsent in seiner Abwesenheit.
Eine weitere interessante (wenn auch zufällige) Parallele lässt sich zwischen Kofmans Vampir-Theorie und Billinghams Fotografien ziehen. Denn “vampirism can be followed […] as the other history or the history of the other – as a psychohistory of projection“[7], nämlich die Projektion des Anderen. Historikern zufolge stammten zu jeder Zeit diejenigen Menschen, welche man vornehmlich als zukünftigen Vampir-Kandidaten vermutete, aus dem immergleichen Personenkreis: Dem der gesellschaftlich Ausgeschlossenen. Menschen die zu Lebzeiten anders, unbeliebt oder große Sünder waren seien geeignet um von den Toten zurückzukehren. Insbesondere die Gruppe der Alkoholiker sei hierbei erwähnt.[8] Aus einem Text des ‚wissenschaftlichen Vampirexperten’ Laurence A. Rickels stammt folgender Auszug:
The alcoholic’s literalized intake of inspiration (or spirits) covers identification with some absent (and thus haunting) other. […] the alcoholic has pickled some loss […] that cannot be acknowledged as lost.[9]
Was, wenn nicht dieser nicht genau zu identifizierende Verlust eines Alkoholikers ist Kofmans in seiner Abwesenheit anwesender Rest? Und was, wenn nicht gesellschaftliche Außenseiter sind Billinghams Eltern? Was wenn nicht ein Alkoholiker ist Ray?
[1] Vgl. Sara Kofman, Die Melancholie der Kunst in: Peter Engelmann (Hg.): Postmoderne und Dekonstruktion – Texte französischer Philosophen der Gegenwart (Stuttgart: Reclam, 1990), S. 228
[2] Ebd. S. 227
[3] Ebd. S. 227
[4] Ebd. S. 227
[5] Ebd. S. 228
[6] Ebd. S. 227
[7] Laurence A. Rickels, The Vampire Lectures (Minneapolis/London: University of Minnesota Press 1999) S.2
[8] Vgl. Ebd.
[9] Ebd.

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